Kleine Entstehungsgeschichte der Suhler Kleinkrafträder

Der "VEB Fahrzeug- und Jagdwaffenwerk Ernst Thälmann, Suhl" begann 1955 mit der Produktion von "Kleinkrafträdern". Vorher baute man, wie der Firmenname schon sagt, hauptsächlich Waffen, aber auch schon Motorräder.
Das erste "Simson-Moped" war die "SR 1". Sie gab es in den Farben grau und braun.
Technische Daten der SR 1:


Baujahre: 1955 - 1957,
Leistung: 1,5 PS (1,1 kW)
Hubraum: 47,6 ccm
Höchstgeschwindigkeit: 45 km/h
Gänge: 2
Verbrauch: 1,6 l/100 km
Sitzplätze: 1
SR 1
Die SR 1, eher noch ein Fahrrad


Die große Nachfrage aber auch die damaligen schlechten Straßenverhältnisse zwangen die Suhler Entwickler zur weiteren Verbesserung dieses Fahrzeuges. So entstand die "
SR 2". Sie war besser gefedert und besaß kleinere und breitere Räder. Der Motor wurde von der "SR 1" übernommen. Auch sie gab es nur in den Farben grau und braun.
SR 2
Die SR 2

Technische Daten der SR 2:

Baujahre - SR 2: 1957-59
Baujahre - SR 2 E: 1960-64
Leistung - SR 2: 1,5 PS
  (1,1 kW)
Leistung SR 2 E: 1,8 PS
  (1,3 kW)
Hubraum: 47,6 ccm
Höchstgeschwindigkeit: 45 km/h
Gänge: 2
Verbrauch: 1,5 l/100 km
Sitzplätze: 1


1959 begann man mit dem Bau des "Damenmopeds" "
KR 50". Viele Teile stammten noch von der "SR 2", doch die "KR 50" besaß eine richtige "Karosserie". Die Motorleistung wurde, auch wegen der höheren zulässigen Gesamtmasse, drastisch erhöht. Sie besaß schon einen Kickstarter, war für Anhänger zugelassen und ähnelt doch schon sehr stark der späteren "Schwalbe". Die Farben des "KR 50" waren weinrot oder dunkelblau.
Technische Daten der KR 50:

Baujahre: 1959 - 64
Leistung: 2,4 PS (1,6 kW)
Hubraum: 47,6 ccm
Höchstgeschwindigkeit: 50 km/h
Gänge: 2
Verbrauch: 2,5 l/100 km
Sitzplätze: 1
KR 50
Das "Damenmoped" KR 50


Im Jahre 1964 legte man den Grundstein für den Bau der "
Vogelserie". Ab diesem Zeitpunkt baute man Mopeds, die auf den gleichen Grundbausteinen basierten. So waren Räder, Motor, Auspuff, Teile der Karosserie usw. bei der "Vogelserie" standartisiert. Der erste Vertreter war der "Spatz". Er besaß noch als letztes Exemplar den alten
Sö(mmerda)- Motor. Ihn gab es mit Pedalen noch als richtiges " Mo(tor)Ped(ale)" und später mit Kickstarter als " Mo(tor)Kick(starter)". Den "Spatz" gab es nur in rot.
Der Spatz
Der Spatz
Technische Daten des Spatz':

Baujahre: 1964 - 70
Leistung: 2,3 PS (1,6 kW)
Hubraum: 49,6 ccm
Höchstgeschwindigkeit: 50 km/h
Gänge: 2
Verbrauch: 2 l/100 km
Sitzplätze: 1

Teilweise auf den "Spatz" aufbauend, entstand das Mokick "Star". Er besaß den neuen Motor und alle Verbesserungen, die mit der "Vogelserie" entstanden. Mit dem neuen Motor konnte die Leistung derart erhöht werden, das man eine zweite Person mitbefördern konnte. Er war gebläsegekühlt, so das ihm auch lange Steigungen nichts anhaben konnten. Die Optik ähnelte den damals vorherrschenden Motorrädern sehr stark. Die in den technischen Daten angegebene Höchstgeschwindigkeit wurde von den meisten Fahrzeugen weit überboten (allgemein in der "Vogelserie"). Gut gepflegte und sauber eingefahrene Exemplare fuhren teilweise weit über 70 km/h. Ein technischer Leckerbissen ist die Vollkapselung der Kette. Dies bewirkte nicht nur einen völlig geräuschlosen Lauf, sondern auch eine extreme Langlebigkeit der Kette durch völligen Staub- und Nässeschutz und ständigen Kontakt mit dem Schmiermittel. So eine saubere Antriebslösung sucht man bis heute vergebens an jedem Zweirad. Der rote Lack des "Star" war nicht besonders haltbar und so kam man, speziell beim vielen Putzen, schnell auf die helle Grundfarbe.
Technische Daten des Star:

Baujahre: 1964 - 75
Leistung: 3,4 PS (2,5 kW)
Hubraum: 49,6 ccm
Höchstgeschwindigkeit: 60 km/h
Gänge: 3
Verbrauch: 2,6 l/100 km
Sitzplätze: 2
Der Star
Der Star mit 2 Sitzplätzen
Nur gering vom "Star" abweichend war der "Habicht". Der "Star" hatte noch einen "Durchstieg" zwischen Tank und Sitzbank (speziell für Damen), der beim "Habicht" wegfiel. So wurde der Rahmen etwas steifer und auch die Optik bekam den letzten Schliff. Die hinteren Fußrasten wurden nicht, wie bisher an der Hinterradschwinge, sondern am Rahmen befestigt. Dies verhinderte das beim "Star" übliche und lustige Federn des Mitfahrers in den Knien. Der "Habicht" hatte als Erster hydraulische Federbeine und Vierganggetriebe. Der "Habicht" war olivgrün lackiert.
Der Habicht
Der Habicht der erste mit Vierganggetriebe
Technische Daten des Habicht:

Baujahre: 1971 - 75
Leistung: 3,4 PS (2,5 kW)
Hubraum: 49,6 ccm
Höchstgeschwindigkeit: 60 km/h
Gänge: 4
Verbrauch: 2,6 l/100 km
Sitzplätze: 2
Etwas später begann man mit dem Bau des "Sperber". Dieses Fahrzeug galt nach DDR-Recht als Motorrad. Er war äußerlich nur durch seine blaue Farbe und dem Wegfall des Motorgebläses vom "Habicht" zu unterscheiden, doch besaß er einen leistungsfähigeren Motor. Dies verhalf ihm zu einer Beschleunigung von 0 auf 50 km/h in nur 8,5 Sekunden! Bei ihm ist die Höchstgeschwindigkeitsangabe schon eher realistisch, denn er fuhr kaum schneller als die anderen "Vögel".
Technische Daten des Sperber:

Baujahre: 1966 - 72
Leistung: 4,6 PS (3,4 kW)
Hubraum: 49,6 ccm
Höchstgeschwindigkeit: 75 km/h
Gänge: 4
Verbrauch: 2,8 l/100 km
Sitzplätze: 2
Der Sperber
Der Sperber - ein Motorrad!
Fast gleichzeitig mit dem "Star" kam der Kleinroller "Schwalbe" (KR 51). Dieses Fahrzeug findet noch heute (!) große Beliebtheit. Sie machte in ihrer fast 30-jährigen Bauzeit sehr viele technische Weiterentwicklungen mit. Äußerlich blieb sie doch ständig annähernd gleich. Die Karosserie schützte die Benutzer weitgehend vor Verschmutzung. (Zitat aus "Ich fahre ein Kleinkraftrad" von 1970: "Bei der "Schwalbe" wurde der Schmutzschutz für Fahrer und Beifahrer vorzüglich gelöst. Das Fahren in gutem Anzug auf kurzen Strecken ist dadurch ohne weiteres möglich.") Die "Schwalbe" gab es auch in einer Sonderausführung "KR 51/1 S" mit automatischer Kupplung!

Das Duo Absolute Spitze, heute von einigen als Kuriosität gesehen, war das "Duo"! Aus so einfachen Mitteln und unter Verwendung von hauptsächlich Mopedteilen, ein solch leistungsfähiges und robustes Fahrzeug zu bauen, soll heute mal einer nachmachen.
Das Duo  

Eine der ersten Schwalben
Eine der ersten Schwalben (KR 51)
Technische Daten der ersten
"Schwalben" - Modelle:


Baujahre: ab 1964
Leistung: 3,4 PS (2,5 kW)
Hubraum: 49,6 ccm
Höchstgeschwindigkeit: 60 km/h
Gänge: 3 - wahlweise Hand-
oder Fussschaltung
Verbrauch: 2,7 l/100 km
Sitzplätze: 2

Zur weiteren Entwicklung der Schwalbe" auf meinen Schwalbe-Seiten!

In der weiteren Entwicklung des "VEB Fahrzeug- und Jagdwaffenwerk Ernst Thälmann Suhl" wurden ab ca. 1974 die Typen "S 50" und ab ca. 1985 die Typen "S 51" gebaut.
Ende der achtziger Jahre baute man dann eine völlig andersgestaltete Art von Kleinrollern, die "KR 52". Diese Typen erwähne ich nur der Vollständigkeit halber. Mein persönliches Interesse beschränkt sich im Speziellen nur auf die "Vogelserie".

Das sind drei der letzten Modelle, die im Suhler Fahrzeugwerk nach der "Wende" produziert wurden!


Der neue Star! Der neue Sperber! Der neue Habicht!
Der neue Star! Der neue Sperber! Und der neue Habicht!

Leider wurden diese Fahrzeuge in nur geringer Stückzahl gefertigt, bis dann dann das endgültige "AUS" der traditionsreichen Firma kam.

Und noch eine wichtige Anmerkung: Heute hört man oft "Ich habe eine SIMSON", oder "Ich fahre eine SIMSON"! Eine SIMSON an sich gibt es nicht. Das ist der Name des Herstellers. Meist ist eine S50 oder S51 damit gemeint. Aber auch eine SR 1 oder ein Star oder Schwalbe ist eine SIMSON!

 

 

 <-- zur Startseite          Zur Reparaturseite -->

Copyright 2021, Heiko Künzel

Oranienbaum-Wörlitz / Sachsen-Anhalt